Bildungsgewerkschaft zur Präsentation der Eckpunkte für eine Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes
Münster. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hat die von der Bundesregierung präsentierten Eckpunkte für eine Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes (WissZeitVG) begrüßt, aber zugleich als zu kurz gesprungen kritisiert. „Dauerstellen für Daueraufgaben – diesen GEW-Slogan haben SPD, Grüne und FDP 2021 in ihrem Koalitionsvertrag zitiert und zur Richtschnur für die geplante WissZeitVG-Reform erklärt. Die Eckpunkte, die die Ampelkoalition ausgehandelt hat, zeigen Schritte in diese Richtung auf, bleiben aber insgesamt hinter den eigenen Versprechen zurück. Keine halben Sachen – die Koalition muss bei der jetzt anstehenden Ausarbeitung des Gesetzentwurfs deutlich nachlegen“, macht der GEW- Stadtverbandsvorsitzende Ulrich Thoden deutlich.

GEW-Geschäftsführer Carsten Peters ergänzt: „Während die Ampelparteien in ihrem Koalitionsvertrag noch vereinbart haben, die Planbarkeit und Verbindlichkeit in der Postdoc- Phase deutlich zu erhöhen, sehen die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) präsentierten Eckpunkte lediglich eine Verkürzung der Höchstbefristungsdauer für promovierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler von derzeit sechs auf maximal drei Jahre vor. Im Ergebnis würde der Druck auf Postdocs damit deutlich erhöht: Hochschulen und Forschungseinrichtungen müssten sie drei Jahre früher auf die Straße setzen als heute, denn verbindliche Vorgaben für eine Entfristung danach fehlen in den Eckpunkten. Ein reformiertes WissZeitVG muss Postdocs aber berechenbare Perspektiven für eine Dauerstelle geben.“
Einen „Lichtblick“ sieht die GEW in der Debatte um die Tarifsperre im WissZeitVG, die Gewerkschaften und Arbeitgebern verbietet, vom Gesetz abweichende Tarifverträge abzuschließen. „Die Ampelkoalition kann sich zwar noch nicht zu einer ersatzlosen Streichung der Sperre durchringen, sie soll aber Löcher bekommen. Zu einzelnen Themen wie Mindestvertragslaufzeiten sollen Tarifpartner Regelungen aushandeln dürfen. Das wäre ein Schritt in die richtige Richtung, zeugt aber von wenig Vertrauen in Gewerkschaften und Arbeitgeber und steht in Widerspruch zur Ankündigung der Ampelkoalition, Tarifautonomie und Tarifbindung im Arbeitsleben zu stärken. Geben Sie Tariffreiheit, Frau Ministerin – ohne Wenn und Aber“, so die Gewerkschafter. Fortschritte sieht die GEW bei den Regelungen für studentische Beschäftigte.
„Die Anhebung der Höchstbefristungsdauer von sechs auf acht Jahre könnte in vielen Fällen verhindern, dass Studierende ausgerechnet in der Schlussphase des Studiums auf ihren Job an der Hochschule verzichten müssen. Eine Mindestvertragslaufzeit von einem Jahr wäre ein erster Schritt gegen extreme Kurzzeitverträge – wenn das Recht der Gewerkschaften, in Tarifverhandlungen mit den Arbeitgebern weitergehende Regelungen durchzusetzen, unangetastet bliebe“, so Thoden mit Blick auf die Initiative der Gewerkschaften für einen bundesweiten Tarifvertrag für studentische Beschäftigte (TVStud). Die von GEW und ver.di im Januar veröffentlichte Studie „Jung, Akademisch, Prekär“ habe gezeigt, dass die Laufzeiten der Arbeitsverträge mit studentischen Beschäftigten durchschnittlich nicht einmal ein halbes Jahr betragen und Kettenverträge üblich sind.
„Es ist erfreulich, dass das BMBF mit seinen Eckpunkten endlich den Startschuss für die überfällige Reform des WissZeitVG gibt – zwei Tage nach der GEW-Aktionskonferenz zum Thema. Inhaltlich bleiben die Eckpunkte aber nicht nur hinter den Ankündigungen der Ampelkoalition, sondern vor allem auch hinter den Hoffnungen der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die sich in den vergangenen zwei Jahren unter dem Twitter-Hashtag
#IchBinHanna und in der GEW-Kampagne für #Dauerstellen für Daueraufgaben für eine umfassende WissZeitVG-Reform eingesetzt haben. Diese Hoffnungen darf die Ampelkoalition nicht enttäuschen und muss bei der Reform deutlich nachlegen“, machen die Gewerkschafter deutlich.