„Münster Horror Climate Show“ – „Klimagerechter Umbau der Gesellschaft“ gefordert

Münster – Zahlreiche Initiativen hatten am 31. Oktober 2020 in Münster in kreativen Aktionen für Klimagerechtigkeit demonstriert. Das Bündnis Klimaalarm Münster hatte unter dem Titel „Münster Horror Climate Show“ zum Aktionstag für Klimagerechtigkeit aufgerufen. Wegen der steigenden Fallzahlen hatte das Bündnis spontan eine Großdemonstration abgesagt und stattdessen zu aktivistischen Spaziergängen eingeladen.

Klimaalarm_Münster                                                                                                                                                 Foto: Münster Tube

„Es ist klar: Die Bundesregierung muss jetzt anfangen, den klimagerechten Umbau der Gesellschaft einzuleiten. Dazu gehört zum Beispiel, marginalisierten und benachteiligten Bevölkerungs- und Berufsgruppen, sowie Kultur und Bildung den Vorrang vor Großkonzernen zu geben. Uns ist es wichtig, verantwortungsvoll und solidarisch in der Coronakrise zu handeln. Das fordern wir aber ebenso klar im Umgang mit der wesentlich bedrohlicheren Klimakrise ein“, so Gustav von Blanckenburg von Fossil Free Münster.

„Die Klimakrise wartet nicht“, äußert Lena Ursprung von den Students for Future Münster. „Wir können es uns nicht leisten, weitere wertvolle Monate mit der Umsetzung von konsequenten Maßnahmen für Klimagerechtigkeit zu warten. Darum ist es notwendig, auch weiter auf die Straße zu gehen und den Druck aufrecht zu erhalten.“ Mit der Anpassung der Aktionsformen an die aktuelle Corona-Situation zeige das Bündnis, dass notwendiger Protest auch bei steigenden Fallzahlen mit entsprechenden Anpassung möglich sei.

Fossil_Free_Münster                                                                                                                                                     Foto: Münster Tube

„Die Forderungen der Klimagerechtigkeitsbewegung gehen weit über eine Reduktion von Treibhausgasen hinaus“, erklärt Sebastian Rümmelein von der BUNDjugend Münster. „Wir kämpfen für ein gutes und gerechtes Leben für alle. Das wollen wir mit diesem Aktionstag deutlich klarstellen.“ Dreizehn Initiativen führten Aktionen an „Tatorten“ der Klimakrise durch, die die Vielfalt der Forderungen des Bündnisses aufzeigen. So gab es unter anderem Aktionen gegen die 5 Mio. schwere Aktienbeteiligung des LWL am Kohlekonzern RWE, gegen die Abschiebepolitik der Bundesregierung und EU, gegen Racial Profiling in der Polizei sowie für eine konsequente Verkehrswende.

Fossil Free Münster protestierte mit Kletteraktivist*innen und einem 7 Meter großen Banner in den Bäumen vor dem Hauptgebäude des Landschaftsverband Westfalen-Lippe, da dieser noch immer knapp 5 Mio. Aktien des Klimakillers RWE hält. Den Verkauf hält Fossil Free Münster für absolut notwendig, um eine gerechte Politik für Menschen und Umwelt zu ermöglichen. Konsequentes Handeln für Klimagerechtigkeit gehe nur, wenn auch die Parteipolitik unabhängig von profitorientierten Konzerninteressen entscheiden kann. „Wenn der LWL die Abstoßung der RWE-Aktien nicht endlich mal umsetzt, wird er langsam zum Gruselkabinett“, kommentiert Lina Birkner für Fossil Free Münster.

Die BUNDjugend Münster kritisierte vor dem Büro der Bundesumweltministerin Svenja Schulze die unzureichende Klimapolitik der jetzigen Bundesregierung. So sei das sogenannte Klimapaket der Regierung nicht ausreichend und auch der Kohleausstieg könne mit der Inbetriebnahme eines riesigen neuen Kohlekraftwerks nicht ernst genommen werden. „Die Corona-Hilfen werden zu mehr neuen Autos auf den Straßen führen. Und eine Staatsbeteiligung an Lufthansa in Milliardenhöhe wird auch in Zukunft ökologisch sinnvolle Flugbeschränkungen verhindern. Die Bilanz der Bundesregierung im Klimaschutz ist höchst unbefriedigend und das werden wir am Samstag vor dem Büro der Bundesumweltministerin Svenja Schulze klarmachen“, so Sebastian Rümmelein von der BUNDjugend Münster.

Die Interventionistische Linke Münster kennzeichnete in einem Beitrag am Hauptbahnhof die Bundespolizeiinspektion als „Tatort“ der Klimakatastrophe. Die Bundespolizei stehe besonders für Repression gegen Migrant*innen und Asylsuchende. „Wenn wir die Praxis des Racial Profilings kritisieren, dürfen wir aber nicht vergessen, dass es auch eine fundamentale Kritik an den Rahmenbedingungen des kapitalistischen Staates braucht. Die Bundespolizei steht auch für Repression gegen Protestaktionen wie Castortransporte und Braunkohletagebaue. Dabei greift sie immer wieder mit massiver Gewalt Aktivist*innen an und verteidigt so die anhaltende Zerstörung des Klimas“, so Lisa Bergen von der Interventionistischen Linken Münster.

SOFA (Sofortiger Atomausstieg) Münster protestierte ebenfalls am Hauptbahnhof: Münster sei eine Drehscheibe für internationale Urantransporte und solle dies nach dem Willen der Bundesregierung auch bleiben, heißt es vonseiten der Aktivist*innen. Seit Mai 2019 seien insgesamt 20 Uranmüllzüge von der Urananreicherungsanlage Gronau durch den Münsteraner Hauptbahnhof zur billigen Endlagerung nach Russland gefahren. Urananreicherer Urenco und die deutschen Anteilseigner RWE und EON wollen so eine wesentlich teurere Atommülllagerung in Deutschland vermeiden. Doch Russland sei nicht die Atommüllkippe für Deutschland. Zugleich sichere die Urananreicherung in Gronau Deutschland die technische Möglichkeit zur Anreicherung von atomwaffenfähigem Uran. Aus diesem Grund sei die Urananreicherung vom Atomausstieg ausgenommen worden. Die Aktivist*innen fordern von der Bundesregierung einen sofortigen Stopp der Uranmüllexporte sowie die Stilllegung der Urananreicherungsanlage Gronau.

Chico Mendes Münster war ebenfalls am Hauptbahnhof präsent. Es handelt sich hierbei um ein Wiederaufforstungsprojekt, das sich für den Schutz der Natur und indigenen Völker in Lateinamerika einsetzt. Der Name der Gruppe basiert auf Chico Mendes, bürgerlich Francisco Alves Mendes Filho, (* 15. Dezember 1944 in Xapuri, Brasilien; † 22. Dezember 1988 in Xapuri). Er war Führer der Landarbeitergewerkschaft und setzte sich als Kautschukzapfer im brasilianischen Bundesstaat Acre für die Rechte der von Landwegnahme bedrohten Arbeiter ein,bis er für sein Engagement von Großgrundbesitzern ermordet wurde.

Greenpeace Münster machte an der Promenade, Ecke Windthorststraße, mit einer schwimmenden Kulisse des Prinzipalmarkt-Modells symbolisch auf den globalen Meeresspiegelanstieg aufmerksam. Das Schmelzen von Gletschern und des Inlandeises an den Polen, sowie die Ausdehnung der sich erwärmenden Ozeane lassen den Meeresspiegel weltweit steigen. Während im 20. Jahrhundert der durchschnittliche jährliche Anstieg noch bei 1,7 mm lag, betrug dieser für die vergangenen zwei Jahrzehnte bereits 3,2mm pro Jahr. Laut Weltklimarat könnte bis zum Ende des Jahrhunderts der Meeresspiegel um bis zu 1 Meter ansteigen. Solch ein Anstieg bedeute eine unmittelbare Gefährdung, insbesondere für dichtbesiedelte Küstenregionen und Inselstaaten. 30 der 50 größten Städte liegen am Meer, weltweit seien somit rund 200 Millionen Menschen in tiefliegenden Küstenregionen betroffen. Mit ihrer Aktion wollen die Aktivist*innen ihre Solidarität mit den direkt Betroffenen zum Ausdruck bringen.

Greenpeace_Münster                                                                                                                                            Foto: Münster Tube

Health for Future warf am Harsewinkelplatz den Blick auf den Gesundheitssektor: Die Liste der Krankheiten, die durch die Klimakrise ausgelöst oder verstärkt werden, sei mit Hitzschlägen, Infektionserkrankungen, Mangelernährung und vielen weiteren sehr lang. Gleichzeitig sei der deutsche Gesundheitssektor für 5,2 % der jährlichen Treibhausgas Emissionen Deutschlands verantwortlich. Dem gesellschaftlichen Auftrag, Krankheit abzuwenden und Gesundheit zu fördern, könne das Gesundheitssystem nur gerecht werden, wenn Krankenhäuser, Praxen und die Arzneimittelherstellung so schnell wie möglich klimaneutral werden. Andernfalls widersprechen sich eigener Anspruch und Handlung, was im Einzelfall zu kognitiven Dissonanzen führt, heißt es vonseiten der Aktivist*innen. „Wir von Health For Future fordern die Kliniken, Praxen und Rettungsdienste Münsters auf, effektive Maßnahmen zur Reduktion ihrer direkten und indirekten Emissionen einzuleiten, um auch die Ursache, anstatt bloß die Symptome der Klimakrise zu behandeln“, erklärt Marlene Dißmann von Health for Future.

Fridays for Future Münster kritisierte am Rathaus: „Münster verkauft sich gerne als nachhaltige Fahrradstadt. Dabei haben auch hier immer mehr Menschen ein Auto und fahren es auch immer mehr. Hinzu kommt ein Anstieg des Pendelverkehrs mit dem Auto in die Stadt. Für eine echte Verkehrswende müssen große Teile des Straßenraums dem Auto genommen und nachhaltigen Verkehrsmitteln gegeben werden. Wir fordern mehr Platz für Menschen und somit eine klimagerechte Umverteilung des Straßenraums.“

Tierrechtstreff_Münster                                                                                                                                                Foto: Münster Tube

Der Tierrechtstreff Münster war mit einem blutrünstigen Theaterstück vor McDonalds vertreten. „Der blutrünstige Konzern McDonalds repräsentiert für uns am 31. Oktober die Tierausbeutung als eine der größten Klima-Sünden dieses Planeten. Hier werden empfindungsfähige Lebewesen aus reiner Profit-Gier um ihre essenziellsten Bedürfnisse gebracht. Längst kann auch der führende Anteil der Tierindustrie an den sozialen und ökologischen Folgen des Klimawandels nicht mehr geleugnet werden. Wie soll ein Herrschaftssystem, das auf Profit, Ungerechtigkeit, Diskriminierung und Leid basiert, Gerechtigkeit vorbringen? Klimagerechtigkeit beginnt bei der Kritik am vorherrschenden System und seinen Säulen, dem Kapitalismus, dem Rassismus, dem Patriarchat und nicht zuletzt auch dem Speziesismus!“, erläutert Josephine Härthe vom Tierrechtstreff Münster.

Die Students for Future Münster machten sich am Ludgerikreisel für eine Verkehrspolitik stark, die sich nicht weiter im Kreis dreht. Es sei notwendig, die autofixierte Verkehrsplanung zu beenden und stattdessen mehr Platz für Fußgänger*innen und Fahrräder zu schaffen sowie den Ausbau des ÖPNV (Öffentlicher Personennahverkehr) voranzutreiben. „Es kann nicht sein, dass der ÖPNV weiter kaputtgespart wird. Um Klimaziele zu erreichen, braucht es eine Verkehrswende und das geht nur mit weniger Autos und mehr Bussen und Bahnen. Dafür müssen sich die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten endlich verbessern“, so Julian Hindriks von den Students for Future Münster.

binary comment                                                                                                                                         Foto: Klimaalarm Münster

Die Seebrücke Münster verlieh an der Ausländerbehörde am Stadthaus 2 ihrem Protest Ausdruck. Dass der Klimawandel zum Hauptfluchtgrund werden könnte, sei schon dem Flüchtlingskommissar der UNO im Jahr 2009 klar gewesen, doch noch immer trage die EU weiter zur Zerstörung von Existenzen bei, heißt es vonseiten der Aktivist*innen. „Die Verursacher*innen befinden sich im globalen Norden, die Leidtragenden im globalen Süden. Wir müssen Verantwortung übernehmen für von uns verursachtes Leid und deshalb sind internationale Solidarität und konsequentes Handeln gefordert, auch in Münster. Wir als Seebrücke stehen am 31.10. zur „Münster Horror Climate Show“ vor der Ausländerbehörde, um unserer Forderung nach Beendigung jeglicher Abschiebungen und einem Ende der Entrechtung geflüchteter Menschen Nachdruck zu verleihen“, so Kennet Winter von der Seebrücke Münster.

Seebrücke Münster                                                                                                                                           Foto: Klimaalarm Münster

Extinction Rebellion Münster protestierte auf der „Münster bekennt Farbe“-Wiese am Aasee gegen die Abholzung des Dannenröder Forstes. „Die Bundesregierung und die schwarz-grüne Landesregierung in Hessen versuchen zurzeit durch Einsatz von Polizei und SEK, die Räumung und Rodung des Dannenröder Forst gewaltsam durchzusetzen. Die Waldbesetzer*innen beschützen aber nicht nur den Dannenröder Forst, einen 300 Jahre alten und gesunden Mischwald; es geht ihnen auch darum, den Bau der A49 zu verhindern. Der Bau der neuen Autobahn bedeutet die Zerstörung des Danni und des benachbarten Herrenwaldes und gefährdet das Grundwasserreservoir im Gleental. Da nicht alle Menschen die Möglichkeit haben, in den Danni zu fahren, werden wir auf weitere Solidaritäts-Aktionen direkt hier in Münster hinweisen. So unterstützen wir die Waldbesetzer*innen, die von Polizeigewalt und Repressionen direkt betroffen sind“, erklärt Mariele Wischer von Extinction Rebellion Münster.

Münster: Mahnwache und Solidaritätsaktion (1. Nove,ber 20) für den Dannenröder Forst Redebeiträge

„Münster Horror Climate Show“
Dezentrale Aktionen an verschiedenen „Tatorten“ der globalen Klimakatastrophe LESEN

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