In Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus in Münster – Stolpersteine gegen das Vergessen: Sophie Heimbach

Stolperstein des Künstlers Gunter Demnig in Münster, verlegt mit dem Verein „Spuren Finden e.V.“ am 13. Dezember 2023 am Hansa Ring 5: Sophie Heimbach. Sie wurde am 1. Juli 1895 in Laer geboren und am 30. Oktober 1944 im Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau in einer Gaskammer ermordet. 2020 wurde eine Straße in Münster nach Sophie Heimbach benannt.

Foto Stolperstein: Lothar Hill, Quelle Foto Sophie Heimbach: Gisela Möllenhoff und Rita Schlautmann-Overmeyer, Jüdische Familien in Münster 1918 bis 1945, Teil 1: Biographisches Lexikon, Münster 2001. Bild vergrößern.

*Sophie Heimbach war eine von drei Töchtern des Viehhändlers Sigmund-Samuel Heimbach (*1856 Laer/Steinfurt). Sie kam mit sechs Jahren nach Münster und besuchte vermutlich die jüdische Volksschule in der Marks-Haindorf-Stiftung. Im Anschluss daran machte sie eine Lehre zur Modistin im Hutgeschäft August Schmedes, Salzstraße 36. Dort war sie mehr als 20 Jahre tätig.

Sie blieb unverheiratet und wohnte bei den Eltern im Haus Hansaring 5 von 1919 bis 1939. Die Deutsche Arbeitsfront (DAF) erzwang durch Druck auf den Firmeninhaber ihre Entlassung. So betrieb sie seit Dezember 1935 einen selbständigen Putzmachereibetrieb in der Privatwohnung. Die Firma Schmedes versorgte sie nach Geschäftsschluss mit Material und Aufträgen. Dies geschah heimlich, weil Mitglieder der DAF in den Betrieb eingeschleust worden waren. Couragierte Kunden fanden sich zu Anproben in ihrer Privatwohnung ein.
Nach dem Novemberpogrom wurde Sophie Heimbach zur Aufgabe ihrer Heimarbeit und zum Wohnungswechsel zur Südstraße 5 gezwungen. Von dort gelangte sie über das „Judenhaus“ Hermannstraße 44 am 16.8.1939 zur letzten münsterischen Sammelunterkunft Am Kanonengraben 4 (ehemalige Marx-Haindorf-Stiftung), wo sie mit ihrem gelähmten Vater und dem Ehepaar Waldeck ein Zimmer teilte.

Sophie Heimbach wurde am 31.7.1942 mit ihrem Vater, der auf einer Bahre zum Deportationszug gebracht wurde, ins Ghetto Theresienstadt deportiert, nachdem sie sich brieflich von ihrem ehemaligen Chef mit den Worten: „Vielen Dank für alles alles Gute. Donnerstag treten wir unsere Erholungsreise an“ verabschiedet hatte. Um Herrn Schmedes zu schützen, war der Brief anonym abgefasst und wurde heimlich unter der Tür durchgeschoben. Ihr Vater starb drei Wochen nach der Ankunft im Ghetto. Sophie Heimbach wurde am 28.10.1944 ins Vernichtungslager Auschwitz deportiert und nach der Selektion“ am 30.10.1944 in der Gaskammer ermordet.
Sophie Heimbachs beiden älteren Schwestern wanderten vor dem Ersten Weltkrieg in die USA aus, die jüngere Schwester starb im Alter von wenigen Monaten, ihre Mutter 1930.

*Quelle: Gisela Möllenhoff und Rita Schlautmann-Overmeyer, Jüdische Familien in Münster 1918 bis 1945, Teil 1: Biographisches Lexikon, Münster 2001

Von den im Jahre 1933 ursprünglich 708 Angehörigen der jüdischen Gemeinde Münster wurden 299 Menschen in Konzentrationslager deportiert, von denen nur 24 überlebten. Insgesamt 280 jüdische Bürger verließen Münster und emigrierten ins Ausland, sieben begingen Selbstmord und vier überlebten den Nationalsozialismus in Münster im Untergrund. Abzüglich der 77 Personen, die in diesem Zeitraum eines natürlichen Todes starben, verbleiben 42 Menschen, deren Schicksal ungeklärt geblieben ist. Darüber hinaus wurden aber u.a. auch Deserteure, sog. „Asoziale“, Homosexuelle, Zeugen Jehovas sowie Sinti:zze und Rom:nja aus Münster, Opfer der Nationalsozialisten. Im Rahmen des „Euthanasie-Erlass“ vom 1. September 1939, wurden zudem zwischen 1940 und 1943 über 550 Menschen aus der Heilanstalt Marienthal in Münster (heute LWL-Klinik) in Todeslager deportiert und ermordet. Von Haus Kannen in Münster-Amelsbüren wurden 106 Bewohner*innen Opfer der NS-Tötungsmaschinerie.

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Nazi-Opfer aus Münster und der damaligen Gemeinde Wolbeck (seit dem 1. Januar 1975 ein Stadtteil der Stadt Münster)

Darüber hinaus wurden aber u.a. auch Deserteure, sog. „Asoziale“, Homosexuelle, Zeugen Jehovas sowie Sinti:zze und Rom:nja aus Münster, Opfer der Nationalsozialisten. Im Rahmen des „Euthanasie-Erlass“ vom 1. September 1939, wurden zudem zwischen 1940 und 1943 über 550 Menschen aus der Heilanstalt Marienthal in Münster (heute LWL-Klinik) in Todeslager deportiert und ermordet. Von Haus Kannen in Münster-Amelsbüren wurden 106 Bewohner*innen Opfer der NS-Tötungsmaschinerie. Laut des am 17. März 2021 vom Rat der Stadt Münster beschlossenen Forschungsprojektes „Gedenken an die verfolgten Homosexuellen und vergessenen Opfergruppen der NS-Zeit und der Nachkriegsjahrzehnte“, wurden mindestens zwischen 400 und 500 Münsteraner*innen zwangssterilisiert, von denen 350 namentlich identifiziert werden konnten. Eines der bekanntesten Opfer ist wohl der Münsteraner Antifaschist, Anarchist und Kommunist Paul Wulf, der 1999 verstarb.

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