Münster. Gedenken an die Zerschlagung der Gewerkschaften durch die Nationalsozialisten am 02. Mai 1933

Münster. Der DGB Stadtverband Münster erinnert in diesem Jahr an den neunzigsten Jahrestag der Zerschlagung der Gewerkschaften durch die SA. Die Gedenkveranstaltung startet um 17:00 vor dem ehemaligen Gewerkschaftshaus in der Dammstraße 23. Im Anschluss daran ist eine gemeinsame Radtour zu Gedenkorten des Nationalsozialismus im Hansaviertel Münster mit Stadtführer Klaus Woestmann geplant. Der DGB Münster ruft alle interessierten Bürger*innen zur Teilnahme auf. Seit dem 2. Mai 2013 erinnert eine Gedenktafel an die Erstürmung des Hauses des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes Münster in der Dammstraße 23 (ehemaliges Gewerkschaftshaus, Verlagsgebäude Volkswille), Teil Gebäudekomplex Dammstraße 21-25, an die Zerschlagung der Freien Gewerkschaften und die Verfolgung von Gewerkschaftern in der Zeit des Nationalsozialismus.

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Gedenktafel zur Erinnerung an die Verfolgung von Gewerkschaftsmitgliedern und die Zerschlagung der Gewerkschaften 1933 in der Dammstraße. Foto: Lothar Hill.

Mai 1933, überall in Deutschland: Nazi-Schlägertrupps stürmen die Gewerkschaftshäuser. In Münster erstürmen NSDAP – und SA-Horden das Haus des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes (ADGB) in der Dammstraße. Sie verhaften die Gewerkschaftssekretäre Karl Schulte, Fritz Niemeyer, Michael Wenig, Friedel Rabe und Fritz Schmidt. Eine freie Arbeitnehmervertretung gibt es ab sofort nicht mehr. Bis zu diesem Tag dachten die Führungen der freien Gewerkschaften noch, der Nazispuk wäre bald vorbei.

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Ein Zeitzeuge berichtet, dass die gefangenen Gewerkschaftsfunktionäre nach den Methoden der SA „verhört“ wurden und dabei bleibende gesundheitliche Schäden erlitten hätten. „Andere wurden zur Zwangsarbeit in die Moorlager in Münsters Umgebung gebracht“, so der Zeitzeuge weiter. Das Gewerkschaftshaus in der Dammstraße diente gleichzeitig als Verlagsgebäude der SPD-Zeitung „Volkswille“. Im Gebäude befand sich zudem auch eine Filiale der Arbeiterbank sowie die Gaststätte „Zum Felsenkeller“

Am 10. März 1933 durchsuchten SA-Mitglieder das „Volkswille“-Haus. Am 31. März 1933 kam es zu weiteren brutalen Aktionen der SA. Das Gewerkschaftshaus wurde unter den Augen der Polizei erneut durchsucht, Fahnen und Schriftmaterial auf die Straße geworfen und dort verbrannt (Bücherverbrennung). Eine SA-Wache vor dem Haus wurde nach einer Woche durch die Hilfspolizei ersetzt. Es kam zum Diebstahl von Einrichtungsgegenständen und Büroeinrichtungen. Bei Widerstandsaktionen drohte die SA mit weiteren „schärfsten“ Maßnahmen. Der Gewerkschaftssekretär Fritz Niemeyer geriet in sogenannte „Schutzhaft“ und wurde erst am 6. Mai 1933 wieder entlassen. Später kam es zum Abriss des Gewerkschaftshauses.

Der „Volkswille“ der SPD war bereits zehn Jahre zuvor Ziel eines brutalen Anschlages:

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Radikale Aktivisten des Ruhrkampfes sprengten am 24. Juni 1923 in Münster das Druckereigebäude der sozialdemokratischen Tageszeitung „Volkswille“ an der Burgstraße 25 in die Luft. Daraufhin wurde ein Partei – und Gewerkschaftshaus an der Dammstraße erbaut, welches am 1. November 1924 bezugsfertig war. Im laufe der 1920er Jahre wurde das Haus baulich erweitert.
Der in ganz Deutschland Aufsehen erregende Sprengstoffanschlag erfolgt aus Enttäuschung darüber, dass der passive Widerstand im Ruhrgebiet nicht in einen neuen Krieg mündet, sondern im Gegenteil der „aktive“ Widerstand mittels Sabotageakten immer mehr eingedämmt wird.

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Das Datum des Anschlags, der erste Jahrestag der Ermordung von Reichsaußenminister Walther Rathenau durch rechtsradikale Attentäter, symbolisiert zugleich die Kampfansage der radikalen Nationalisten an die Weimarer Republik. Anläßlich des Jahrestages hatte das Münsteraner Ortskartell der Freien Gewerkschaften zu einer Protestkundgebung gegen rechtsradikale Umtriebe aufgerufen, was dem Hass auf die „Zeitung der Novemberverbrecher“ zusätzliche Nahrung gibt.

Zerstörtes Volkswille-Haus in der Burgstraße Foto vergrößern


Im März 1925 werden zwei der Attentäter namens Heinz Kükelhaus und Georg Schreiber, Ruhrflüchtlinge aus Essen, die zum Zeitpunkt der Tat 22 Jahre alt waren und unter anderem der Münsteraner Ortsgruppe der NSDAP angehört hatten, zur Mindeststrafe von fünf Jahren Zuchthaus verurteilt. Sie werden nur als ausführende Organe und nicht als intellektuelle Urheber des Anschlags angesehen. Im Februar 1926 wurden beide vorzeitig aus der Haft entlassen.
Die lange Zeit in Münster kursierenden Gerüchte, wonach der ehemalige Freikorpsführer und spätere Oberste SA-Führer Hauptmann a.D. Franz von Pfeffer den Anschlag initiiert hätte, dürften zutreffend gewesen sein, denn von Pfeffer leitet 1923 in staatlichem Auftrag von Münster aus Aktionen des „aktiven“ Widerstands im Ruhrgebiet. Führer des Sprengkommandos ist wahrscheinlich der in Münster ansässige Geheimagent Heinz Kölpin gewesen, der ebenfalls in staatlichem Auftrag im Ruhrkampf aktiv ist. Über beide hält vermutlich die Reichswehr ihre schützende Hand, sodass sie keiner Strafverfolgung ausgesetzt sind.

Münster: Gedenkveranstaltung (2. Mai 22) zur Zerschlagung der Gewerkschaften am 2. Mai 33 – Carsten Peters (DGB)

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