Münster, 23. März 2021 – Die Ratssitzungen verkürzen? Gute Idee! Dafür die Redezeit pro Meldung verkürzen? Ebenfalls eine gute Idee. Die Redezeit pro Tagesordnungspunkt pauschal auf 30 Minuten einkürzen? Schwierig. Kein Grundsätzliches Rederecht pro Fraktion und Gruppe in der Geschäftsordnung des Rates verankern? Undenkbar.
(v.l.): Franz Pohlmann (ÖDP Münster) und Lars Nowak (DIE PARTEI). Fotos: ÖDP. Foto Rathaus: Münster Tube.
Genau das ist aber mit Verabschiedung der neuen Geschäftsordnung des Stadtrates passiert: Trotz Vorlage eines Änderungsantrages unserer Ratsgruppe wurde entschieden, dass das zuvor in der Geschäftsordnung verankerte Recht jeder Fraktion oder Gruppe, wenigstens eine Wortmeldung pro Debattenpunkt zu liefern, gestrichen wird. Ein Recht, das im Sinne des demokratischen Prinzips auch Einzelbewerber:innen zustehen und die Gesamtdauer der Ratssitzung nur unwesentlich verlängern sollte.
Ratsherr Franz Pohlmann (ÖDP) kommentiert das so: „Das Rederecht und der Austausch von Argumenten gehören zum fundamentalen Recht der Ratsleute und ist Grundlage des demokratischen Entscheidungsprozesses. Es ist richtig, die Marathonsitzungen des Rates zu begrenzen. Wenn theoretisch allerdings einzelne politische Gruppierungen – egal ob groß oder klein – komplett vom Beitrag zu einem Tagesordnungspunkt ausgeschlossen werden können, wird ein fundamentales Recht beschnitten.“
Zur Verdeutlichung des Problems führt Pohlmann an: „Es gibt 10 Parteien im Rat bei 9 Gruppierungen. Bei einer Redezeit von maximal 3 Minuten und Ausnutzung der Redezeit von 30 Minuten je Tagesordnungspunkt kommt unter Umständen rechnerisch jede Partei nur einmal zu Wort. Durch geschicktes Taktieren der Sitzungsleitung kann nun über die Redner:innenliste dafür gesorgt werden, dass bestimmte Parteien gar nicht zu Wort kommen. Dazu müssten lediglich von den 3 großen Fraktionen zunächst je 2 Redner:innen Rederecht erhalten und danach eine weitere Gruppierung – schon wären unliebsame Wortbeiträge von weiteren Gruppierungen verhindert. Die Begrenzung der Länge von Tagesordnungspunkten ohne das Recht auf mindestens eine Meldung pro Gruppierung und Einzelbewerber:in führt somit zu einem Windhunderennen und ist zutiefst undemokratisch.“
Ratsherr Lars Nowak (Die PARTEI) nimmt sein grundsätzliches Rederecht in der Ratsgruppe in Anspruch: „Die Ratsgruppe ist dafür bekannt, als politisches Schwergewicht zahlreiche Tagesordnungspunkte mit pointierten Kurzbeiträgen zu kommentieren. Vielleicht fürchtet man die? Wer weiß.“