Münster: Katholik und NS-Komplize: Der Verleger Josef Vienerius

Themenabend im Stadtarchiv Münster am 25. Mai über eine geschönte Nachkriegsbiografie

Münster. Josef Vienerius (1888-1979) war Verleger und Drucker in Münster – und zur Zeit des Nationalsozialismus ein Mitläufer. Später inszenierte er sich als vom NS-Regime politisch Verfolgter und gelangte sogar an Entschädigungsleistungen. Um Josef Vienerius geht in einem Themenabend im Stadtarchiv am Donnerstag, 25. Mai, ab 18 Uhr. Der Historiker und Gymnasiallehrer Günter Sowa stellt das wechselhafte Leben des Verlegers während des Nationalsozialismus und in der Nachkriegszeit vor.

Josef Vienerius
Foto: Nachkriegsbiografie mit „braunen Flecken“: Josef Vienerius (M.) im Gespräch mit Oppositionellen der NS-Zeit, denen er sich selbst zuschrieb. Undatierte Aufnahme. Foto: Stadtarchiv Münster.

In Vienerius´ Druckerei entstand seit Mitte der 1920er-Jahre das katholische Kirchenblatt für das nördliche Münsterland. Mit einer katholischen Sonntagszeitung expandierte er 1932 in die Niederlande. Mit diesem Blatt diente er sich nach der nationalsozialistischen Machtübernahme ab Frühjahr 1933 dem Hitler-Regime an. Vergleichsweise früh trat Vienerius entgegen seinen späteren Behauptungen auch der NSDAP bei. Als einziger Kirchenblattverleger im Bistum Münster kollaborierte Vienerius 1937 mit den Nationalsozialisten – trotz eines Verbots des Bischofs von Galen. Mit Unterstützung der Reichspressekammer konnte er den Einflussbereich seiner Druckerei in der NS-Zeit erheblich vergrößern. Nach Kriegsende schuf der Verleger ein neues Bild von sich. Auf Grundlage bestellter Leumundszeugnisse wurde er als vermeintliches Opfer der Nationalsozialisten umfassend entschädigt.
Seine Recherchen führten Günter Sowa unter anderem ins Stadtarchiv, wo er den umfangreichen Nachlass der ehemaligen Druckerei Regensberg nutzte. Anhand dieser Quellen wird das Selbstbild Vienerius‘ als Oppositioneller der Nationalsozialisten widerlegt. Nach Sowas Vortrag besteht die Gelegenheit zum Gespräch.

Eine Teilnahme am Themenabend ist nach Voranmeldung möglich – per E-Mail an themenabend-anmeldung@stadt-muenster.de oder unter Tel. 0251 / 492-47 01. Die Veranstaltung wird live im Internet übertragen. Hinweise zum Livestream und zu allen Themenabenden unter www.stadt-muenster.de/archiv

Buchvorstellung in Münster: „Anton Eickhoff – vom Nazi zum Chefredakteur der Westfälischen Nachrichten“

Der Historiker Michael Bieber und Aktivist der VVN-BdA Münster las am 6. April 2022 im Theaterpädagogischen Zentrum Münster (TPZ) , aus seinem neu erschienenen Buch: „Anton Eickhoff – vom Nazi zum Chefredakteur der WN; Stationen eines Journalisten 1931 bis 1969.“ Ein Journalist, der acht Jahre lang Propagandist der Nationalsozialisten war, soll 20 Jahre lang Chefredakteur der Westfälischen Nachrichten gewesen sein? Michael Bieber, der im Rahmen seines Studiums im Alter an der Uni Münster auf diese Informationen stieß, mochte es zunächst nicht glauben. So forschte er immer tiefer, recherchierte auch kleinste Details und musste schließlich feststellen: Weder der Chefredakteur selbst noch der Aschendorff-Verlag hat diese unsägliche Geschichte jemals aufgearbeitet.

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